Elisabeth, Karl der Große und die Löffelliste
aus Iris Krumbiegel
Eigentlich ist Elisabeth Frühling, die kurz vor ihrem fünfundsiebzigsten Geburtstag steht, mit ihrem Leben ganz zufrieden. Zumindest so lange, bis sie den Roman eines Hundertjährigen liest, der in Filzpantoffeln aus dem Fenster eines Altenheims springt und verschwindet.
Vielleicht hätte sie lieber zu dem Kochbuch greifen sollen, weswegen sie überhaupt die Buchhandlung betreten hatte. Vielleicht hätte sie, das Buch einmal in der Hand, darüber schmunzeln können, bevor sie es auf den Tisch zurücklegte.
Vielleicht hätte sie dann nicht damit begonnen, über ihr eigenes Leben nachzudenken.
Doch dafür ist es jetzt zu spät. Seitdem fragt sie sich nämlich, ob das nun alles war.
Als sie dann auch noch Karl den Großen kennenlernt, der ihr diese komische Löffelliste vorschlägt, gerät ihr Leben ganz schön aus dem Ruder. Womit sie keinesfalls behaupten möchte, dass dieses neue Leben nicht aufregend wäre, ganz im Gegenteil.
Außerdem spricht nichts dagegen, all die Dinge aufzuschreiben, die sie gerne tun würde, bevor sie den Löffel abgeben muss. Was möglicherweise schneller passieren kann, als sie glaubt.
Da wäre es doch fatal, wenn sie nicht wenigstens ein paar ihrer Wünsche erfüllt hätte, Fahrradfahren zum Beispiel oder guten Sex haben.
Kategorien: Belletristik, Humor
aus 12. Juni 2020